Björn und Samantha Saremba vom Verein „Saremba Motorsport“ bei „Trude Kuh“

Ein zischendes Geräusch, der Geruch von Gummi auf heißem Asphalt und das Gefühl purer Geschwindigkeit, wenn die Welt an einem vorbeifliegt – das ist die Faszination des Motorsports. Für die meisten ist dieses Erlebnis untrennbar mit dem kraftvollen Einsatz von Händen am Lenkrad und Füßen auf den Pedalen verbunden. Doch was, wenn genau diese körperlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind? Was, wenn eine Beeinträchtigung den Traum vom Rennfahren unerreichbar scheinen lässt? Genau an diesem Punkt setzen Björn und Samantha Saremba mit ihrem Verein Saremba Motorsport an und beweisen, dass Adrenalin und Leidenschaft keine Barrieren kennen. Mit einer ebenso simplen wie genialen Idee ermöglichen sie Kindern und Jugendlichen mit körperlichen Einschränkungen den Einstieg in den Kartsport und schreiben dabei emotionale Erfolgsgeschichten. Im Gespräch mit Redaktionsleiter Georg Mahn in dem Studio von „Trude Kuh“ gaben die beiden faszinierende Einblicke in ihre Arbeit.

Vom Problem zur Lösung: Wie Joystick-Karts Barrieren durchbrechen

Die Gründung von Saremba Motorsport im Jahr 2023 war die direkte Antwort auf eine wiederkehrende Enttäuschung. Björn, der jahrelang als Trainer und Jugendleiter in einem Motorsport-Ortsclub tätig war, erlebte immer wieder, wie Eltern mit beeinträchtigten Kindern abgewiesen wurden, da Vereine sie ablehnten und Versicherungen sowie motorsportliche Gegebenheiten eine Teilnahme unmöglich machten. Die Wende kam durch die Bekanntschaft mit einem Projekt, das spezielle Inklusions-Karts entwickelt hatte. Diese Fahrzeuge, gebaut von einem Verein mit Studenten und Paragan, kommen gänzlich ohne Lenkrad und Pedale aus und werden stattdessen ausschließlich über Joysticks gesteuert. „Dadurch, dass das komplett elektronisch ist, können wir quasi den Kindern das ermöglichen, dass sie tatsächlich fahren können und an sportlichen Wettkämpfen teilnehmen können“, erklärt Björn. Die Sorge vieler Eltern vor unkontrollierbaren Risiken wird dabei ernst genommen. Die Karts sind gedrosselt und stehen unter ständiger Aufsicht. Über eine Fernbedienung können die Betreuer jederzeit eingreifen, die Karts ausschalten oder das Fahrzeug sofort stoppen – ein entscheidender Sicherheitsvorteil der Elektromotoren. Mit dem Segen der Deutschen Motorsport Jugend (DMSJ), die sich um die Jugendarbeit im Motorsport kümmert, konnte so eine eigene, sichere Rennserie ins Leben gerufen werden.

Mehr als nur Adrenalin: Persönliche Schicksale und große Träume

Dass Motorsport eine tief verwurzelte Leidenschaft sein kann, beweist Samantha eindrucksvoll. Nach kurzen Ausflügen zum Ballett und zum Reitsport wusste sie im Alter von acht Jahren, als sie das erste Mal in einem Kart saß: Das ist es. „Ich saß im Kart, ich habe meinen Helm aufgesetzt, ich bin gefahren und die Welt verschwand, ich habe mich wohlgefühlt, es war unglaublich das Gefühl“, beschreibt sie den magischen Moment. Dieses Feuer, das durch ihren Großvater, einen ehemaligen Rallyefahrer, in der Familie entfacht wurde, gibt sie heute an die Teilnehmer des Vereins weiter. Bei den Veranstaltungen von Saremba Motorsport, an denen oft um die 40 Kinder teilnehmen, ist sie eine wichtige Bezugsperson. Sie hilft auf der Strecke, gibt Tipps und lässt die Kinder in ihrem eigenen Rennwagen, einem Suzuki Swift, probesitzen. Die Begeisterung ist ansteckend und führt oft dazu, dass aus einem einmaligen Schnuppertag eine regelmäßige Teilnahme wird, wie das Beispiel von Lorenz zeigt, der bei jeder Veranstaltung dabei ist und den Verein unterstützt. Die Erfolge sind greifbar: Ein gehörloser Teilnehmer, Patrick Pick, wurde im vergangenen Jahr sogar Meister beim Endlauf in Garmisch-Partenkirchen. Ein anderes Beispiel zeigt die Kreativität des Vereins: Ein Junge mit nur zehn Prozent Sehfähigkeit lernte die Strecke, indem er sie mehrfach zu Fuß abging und während der Fahrt durch Zurufe der Streckenposten geleitet wurde. Der Verein lebt nach dem Motto: Ein „Nein“ gibt es nicht, es gibt immer eine Lösung. Dies zeigt sich auch im Fall eines Jungen mit Glasknochenkrankheit aus Vlotho, dem ermöglicht wurde, mit seinem Elektrorollstuhl an der Startlinie zu fahren, da er Angst vor Verletzungen beim Heben hatte. Selbst bei einem Kind mit starker geistiger Beeinträchtigung, bei dem das Fahren im Kart schwierig war, haben Helfer das Kart mit Fernbedienung gelenkt und durch den Parcours geschoben, um ein positives Erlebnis zu ermöglichen.

Gemeinschaft auf und neben der Rennstrecke: Die Zukunft der Inklusion

Die Arbeit von Saremba Motorsport geht weit über die Rennstrecke hinaus. Aus Teilnehmern sind Freunde geworden, und die Gemeinschaft wächst auch bei Aktivitäten wie dem gemeinsamen Inklusions-Eisstockschießen, bei dem das Team sogar gegen Blinde antrat. Diese positive Dynamik strahlt auch auf andere Motorsport-Teams aus, die ihre anfängliche Skepsis ablegen und ihre Hilfe anbieten, beispielsweise indem sie bei „Taxifahrten“ mit den Kindern zweite Sitze in ihre eigenen Rennwagen einbauen, um mehr Kindern die Teilnahme zu ermöglichen. Doch der wachsende Zuspruch stellt den Verein auch vor Herausforderungen. Die Nachfrage ist so groß, dass Björn und Samantha bereits andere Vereine ermutigen, ähnliche Angebote zu schaffen, da sie die steigende Nachfrage allein kaum noch bewältigen können. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Finanzierung. Ein Satz Reifen kann bis zu 1.000 Euro kosten, und da der Verein alle Veranstaltungen für alle Kinder komplett kostenlos anbietet, ist er auf Unterstützung angewiesen. Eine große Hilfe ist dabei der ADAC Weser-Ems, der das Projekt von Anfang an in allen Belangen unterstützt hat, unter anderem mit Equipment und der Möglichkeit für Werbeaufnahmen auf Rennstrecken. Das große Ziel für die Zukunft ist es, die Inklusionsrennen direkt in die regulären Veranstaltungen der Ortsclubs zu integrieren. „Unser Traum ist es, dass wir das so ein bisschen mit in die Jugendvereine mit reinkriegen“, so Björn. Das Sportgerät ist für alle gleich, und das Motto lautet „Kartfahren für jedermann“, da Kinder mit und ohne Handicap das Kart fahren können. Samantha fasst die Vision des Vereins in einem wunderschönen Satz zusammen: „Unser Ziel ist es generell, Ausnahmen zu Regeln zu machen.“ Wer sich für die Arbeit des Vereins interessiert, andere Vereine unterstützen möchte oder selbst eine inklusive Idee hat, kann sich über die „Trude Kuh“ Vereinsförderung informieren oder direkt im TV-Studio von „Trude Kuh“ seine Geschichte erzählen. Interessierte können ganz einfach einen Jetzt Interview-Termin für Vereinsvorstellung anfragen.