Krieg ist ein Wort, das sich kaum greifen lässt – und doch ist es für Michael Krüger von „Direkthilfe-Ukraine“ seit Beginn des Ukraine-Krieges tägliche Realität. Im TV-Studio bei „Trude Kuh“ berichtet er Moderator Georg Mahn eindrucksvoll von seinem Engagement, das weit über das hinausgeht, was Worte fassen können. Seit Beginn des Ukraine-Krieges kämpft Krüger mit seiner Organisation darum, das Leid der Zivilbevölkerung und der Soldaten zu lindern und versorgt sie bis an die vordersten Frontlinien. Mehrere hundert Tonnen Hilfsgüter wurden bereits mit Rettungswagen und Evakuierungsfahrzeugen transportiert – eine Leistung, die eine gehörige Portion Mut erfordert.
Zwischen Bürokratie und Menschlichkeit: Die Herausforderungen der Direkthilfe
Wer glaubt, Hilfsgüter zu sammeln und zu verteilen sei ein Kinderspiel, wird schnell eines Besseren belehrt. Michael Krüger beschreibt eindrücklich, wie schwierig es ist, die dringend benötigte Hilfe tatsächlich bis zu den Menschen zu bringen. Bürokratische Hürden auf deutscher und ukrainischer Seite, die Notwendigkeit der Verteilungskontrolle und die ständige Sorge, dass Güter nicht dort ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht werden, prägen den Alltag. Die Organisation muss flexibel reagieren, um sicherzustellen, dass Lebensmittel nicht in überversorgte Regionen gelangen und andere Güter, wie medizinische Artikel, dort ankommen, wo sie fehlen. Krüger, der vor acht Jahren der Liebe wegen in die Ukraine zog, ist geblieben, als andere flohen. Für ihn war es keine Option, sich zurückzuziehen – zu groß war die innere Verpflichtung, seine Nachbarn und Freunde zu unterstützen und sein Hab und Gut zu verteidigen. Die ersten Tage des Krieges waren geprägt von Verzweiflung und Improvisation. Am zweiten Tag des Krieges meldete sich Krüger, um sein Wohnhaus zu bewachen, als ein Zettel aushing, der nach Helfern suchte. Er traf auf Nachbarn, die Molotow-Cocktails bauten, um sich gegen die russischen Angriffe zu wehren – ein Zeichen purer Verzweiflung. Die Solidarität und der Zusammenhalt in dieser Extremsituation haben ihn tief geprägt und motivieren ihn bis heute, nicht aufzugeben.
Eindrücke aus dem Kriegsalltag: Hoffnung und Leid dicht beieinander
Die Bilder, die Michael Krüger aus der Ukraine mitbringt, sind nichts für schwache Nerven. Als ehemaliger Bundeswehrsoldat (12 Jahre Dienstzeit) kennt er die Realität des Krieges – und doch ist das Leid, das er täglich sieht, kaum zu verarbeiten. Er berichtet von einem Dorf nahe Butscha/Irpin, das komplett abgeschnitten war, und von Omas und Opas, die für eine Dose Konserven und eine Packung Nudeln Schlange stehen. Die Weihnachtsaktionen von Direkthilfe Ukraine, bei denen die Zahl der Geschenke von 500 im Jahr 2022 auf über 2600 im letzten Jahr stieg, bringen ein wenig Hoffnung, beispielsweise in ein Kinderkrankenhaus in Charkiw, während zerstörte Schulen die Realität des Krieges zeigen. Doch neben den strahlenden Kinderaugen stehen die Verwundeten: Soldaten, die mit Schrapnellen übersät sind oder Gliedmaßen verloren haben, und die ständige Bedrohung durch Raketen und Drohnen, die direkt neben ihm eingeschlagen sind. Die medizinische Versorgung ist vielerorts zusammengebrochen oder nur notdürftig vorhanden. Krankheiten wie Hepatitis und Wundbrand sind an der Tagesordnung, besonders im Winter, wenn Soldaten tagelang im nassen Schützengraben ausharren müssen und ihre Füße zu faulen beginnen. Die einfachsten Dinge fehlen: Klappspaten, Gasmasken (aufgrund von Giftgasangriffen), Getränke, haltbare Lebensmittel und Hygieneartikel. Krüger und sein Team versuchen, diese Lücken zu schließen – und sind dabei auf die Unterstützung aus Deutschland angewiesen. Wer helfen möchte, findet auf der Webseite von „Trude Kuh“ Vereinsförderung alle Informationen zu aktuellen Projekten und Spendenmöglichkeiten.
Motivation, Projekte und Ausblick: Leben retten trotz aller Widrigkeiten
Die Arbeit von Michael Krüger ist ein 24/7-Job, der ihn und seine Frau Anna an die Grenzen der Belastbarkeit bringt und sie dauermüde macht. Neben der regulären Hilfe läuft aktuell das Projekt „Leben Retten 2025“, das darauf abzielt, die medizinische Erstversorgung an einigen Teilen der Frontlinie wiederherzustellen, wo sie zusammengebrochen ist. Ziel ist es, mindestens 100 Rettungswagen und Evakuierungsbusse in die Ukraine zu bringen – eine Mammutaufgabe, für die jede Spende zählt. Ein Rettungswagen ist bereits vorhanden, 99 fehlen noch. Die Busse, von denen bereits zwei überführt wurden, fahren als Linienbusse und bringen nicht nur Verwundete zu Sammelpunkten oder Krankenhäusern, sondern evakuieren auch ältere Menschen aus gefährlichen Dörfern. Krüger berichtet offen über die Schwierigkeiten, staatliche Unterstützung in Deutschland zu erhalten. Oft wird er von Behörde zu Behörde geschickt, da sich niemand zuständig fühlt, und er kritisiert, dass Steuergelder für neue Fahrzeuge ausgegeben werden, anstatt gebrauchte zu kaufen, die ein Vielfaches an Hilfe leisten könnten. Dennoch bleibt er motiviert – nicht zuletzt, weil er vor Ort Freundschaften geschlossen hat und weiß, wie sehr die Menschen auf seine Hilfe angewiesen sind. Die Frage, wie lange er dieses Engagement noch durchhalten kann, beantwortet er pragmatisch: Solange die Gesundheit es zulässt, macht er Ende jedes Jahres mit Anna eine Bestandsaufnahme und entscheidet, ob sie weitermachen.