Tatjana Belmar und Petra Hildebrandt von Kein Einzelfall zu Gast bei „Trude Kuh“

Wenn die Studiolichter angehen und die Kamera langsam ins Gesicht zweier Frauen fährt, liegt ein stiller Ernst im Raum, der mehr sagt als jedes Scheinwerferblitzen. Es geht um Gewalt, die nicht laut ist, um Geschichten, die hinter verschlossenen Türen passieren, und um Menschen, deren Leben sich nicht an einem Tag X und einer Akte Y abhandeln lässt. Tatjana Belmar, erste Vorsitzende, und Petra Hildebrandt, Kassenwartin des Hamburger Vereins Kein Einzelfall, sprechen in den TV-Studios von „Trude Kuh“ über das, was oft im Dunkeln bleibt – und über ein Netzwerk, das genau dort anfängt zu helfen. Moderiert wurde das Gespräch von Redaktionsleiter Georg Mahn.

Warum „Kein Einzelfall“ mehr ist als ein Name

Die Zahlen sind erschütternd, die Dunkelziffer noch dunkler: Rund 260.000 Menschen wurden im vergangenen Jahr Opfer polizeilich erfasster Gewalttaten. Vor allem Partnerschaftsgewalt nimmt zu, und etwa acht von zehn Opfern sind Frauen. Doch die Statistik ist nur ein Anfang; sie erklärt nicht die Scham, die Schuldgefühle und die psychischen Folgen, die oft erst beginnen, wenn die Tat endet. Genau hier setzt Kein Einzelfall an: Ein bundesweites Netzwerk aus Betroffenen, Fachpersonen und Unterstützern, das zuhört, aufklärt, begleitet und politisch für Rechte kämpft.

Für Tatjana Belmar war der Weg persönlich: Als Betroffene von sexuellem Missbrauch erfuhr sie erst spät von der Möglichkeit einer Opferentschädigung – und stieß schnell an die Grenzen bürokratischer Verfahren. 2016 gründete sie zunächst eine Facebook-Gruppe zum Opferentschädigungsgesetz (OEG), die rasant wuchs. Seit Juli 2024 ist daraus der Verein Kein Einzelfall erwachsen. Die Grundidee klingt einfach, ist aber in ihrer Wirkung gewaltig: Menschen sollen nicht das Gefühl haben, allein zu sein. Der Name ist Programm, und er ist eine Ansage gegen das Narrativ vom „Einzelschicksal“.

Zwischen Sichtbarkeit und Schutz: der schwierige Spagat

Aufklärung braucht Stimme und Sichtbarkeit. Gleichzeitig brauchen Betroffene Schutz und Anonymität. Kein Einzelfall balanciert beides bewusst: Sichtbar werden, um Missstände zu benennen und zu verändern. Und zugleich Räume schaffen, in denen Menschen anonym Informationen erhalten und Hilfe suchen können, ohne Klarnamen, ohne Stigma, ohne Risiko für Zeugenschutz oder bei anhaltendem Täterkontakt. Sichtbarkeit ermöglicht Aufklärung; Anonymität ermöglicht Zugang. Es ist der Spagat, den der Verein täglich leistet – und der für die Arbeit unverzichtbar ist.

Die Bilder von Gewalt lassen sich nicht immer in Worte fassen. Im Studio gab es deshalb einen Film mit Symbolbildern – professionell inszeniert, von Schauspielern dargestellt, mit klarer Triggerwarnung. Er zeigt, was so oft unsichtbar bleibt: die Härte häuslicher Gewalt, die Ohnmacht, die Manipulation, die Abhängigkeit. „Hinter verschlossenen Türen“, sagt Belmar, „ist das Dunkelfeld immens.“ Die polizeilichen Lagebilder belegen steigende Zahlen. Der Bedarf an Hilfe wächst schneller als die Kapazitäten.

Trauma hört nicht am Tattag auf

Viele Menschen glauben, eine Tat sei ein einmaliges Ereignis. Doch für Betroffene beginnt danach erst das eigentliche Thema: das Trauma, das sich chronifizieren kann, Persönlichkeitsanteile verändert, den Alltag erschwert und Behördenkontakte zur Überforderung macht. Scham und Schuld sind die zwei großen Begleiter – und sie sind oft der Grund, warum Anträge erst Jahre später gestellt werden. Je größer die zeitliche Distanz zur Tat, desto schwieriger wird die Kausalität im Verfahren. Das macht nicht nur mürbe, es kann retraumatisierend wirken: wieder zum Gutachter, wieder erzählen, wieder nicht geglaubt werden. Anerkennung ist für viele deshalb wichtiger als Geld – „endlich offiziell: Dir wird geglaubt.“

Dabei sind die Verfahren komplex: Zwischen Grad der Behinderung (GdB) und Grad der Schädigung (GdS) liegen unterschiedliche Wege. Mit dem Wechsel des OEG ins SGB XIV zum 1. Januar 2024 hat sich die Systematik verändert, die Verfahrenswege blieben dennoch schwer verständlich. Entscheidungen dauern oft nicht Tage oder Monate, sondern Jahre. Ohne Unterstützung resignieren viele.

Wachsende Nachfrage, knappe Mittel: was der Verein braucht

Die Nachfrage explodiert – das sagen nicht nur die Mails, die täglich eintreffen. Selbst Beratungsstellen verweisen auf den Verein und suchen fachlichen Rat. Das spricht für Qualität, zeigt aber auch das Dilemma: Wer helfen will, braucht Ressourcen. Petra Hildebrandt beschreibt die Realität nüchtern: Software, Laptops, Banner, Flyer, Visitenkarten, eine funktionierende Homepage – alles kostet Geld. Und während die Mitgliederzahl wächst, muss Verwaltung mitwachsen. Keine Luxuswünsche, sondern Grundausstattung, die Sichtbarkeit und Struktur erst möglich macht.

Gleichzeitig arbeitet der Verein an der Zukunft: Eine zentrale, frei zugängliche Internetplattform soll Urteile, Gutachten, Vorlagen, Ansprechpartner und medizinische Informationen bündeln – niedrigschwellig und ohne Mitgliedszwang. Angebote dafür liegen bei rund 15.000 Euro, vor allem wegen Datenbankanbindung und technischer Infrastruktur. Dazu kommen Präsenzstellen: Südbayern ist im Aufbau, weitere Landesstellen in Berlin und Schleswig-Holstein sollen folgen. Die Maxime bleibt: Hilfe und Zugang für alle, ob Mitglied oder nicht. Wer mag, gleicht aus – monetär oder mit Zeit, Expertise, Energie.

Begleitung mit Haltung: Hilfe, die trägt

Wie intensiv ist der Kontakt mit Betroffenen? So intensiv, wie er gebraucht wird. Manchmal reicht eine sachliche Bewertung eines Widerspruchs, manchmal braucht es Begleitung aus einer akuten Krise. Belmar spricht nicht von Verantwortung, sondern von Selbstverständlichkeit: „Das ist das, was ich an die Gesellschaft zurückgeben möchte.“ In der Satzung ist verankert, dass Hilfe nur im Rahmen des Leistbaren geschieht, ehrlich kommuniziert und gemeinsam gestaltet. Es gibt kein Schema F – der Plan entsteht im Dialog. Eigenmotivation ist gefragt, Austausch ist Voraussetzung. Kein Rundum-sorglos-Paket, sondern eine verlässliche Hand auf dem Weg durch das Labyrinth.

Der Verein ist mehr als zwei Gesichter: Ein Netzwerk vieler Menschen, die tragen, koordinieren, organisieren – bis in die Zusammenarbeit mit Behörden hinein. Keine Einzelfallhilfe, sondern ein kollektiver Ansatz, der zeigt, wie praktische Solidarität funktioniert. Wer helfen will, kann helfen. Wer Hilfe braucht, findet sie – auch anonym.

Einladung, Reichweite und Möglichkeiten: Werde Teil unserer Bühne

Wir von „Trude Kuh“ laden Dich ein, Deinen Verein, Deine Initiative oder Dein Projekt im TV-Studio von „Trude Kuh“ vorzustellen – so wie heute Kein Einzelfall mit Tatjana Belmar und Petra Hildebrandt eindrücklich gezeigt hat, warum schnelle Anerkennung, niedrigschwellige Hilfe und kluge Begleitung für Gewaltbetroffene lebenswichtig sind, wie das SGB XIV Verfahren verkompliziert, warum Sichtbarkeit und Anonymität zusammengehören und welche Ressourcen ein wachsender Verein für seine Arbeit braucht. Wenn Du Deinen Verein im Interview vorstellen willst, findest Du alle Infos unter Verein im Interview vorstellen, und wenn Du als Unternehmen Werbepartner werden möchtest, nutze unsere über 14,5 Mio. Kontakte im Monat und entdecke die Werbemöglichkeiten für Unternehmen – die Reichweite von „Trude Kuh“ bietet Dir starke Sichtbarkeit für Deine Botschaft. Wir von „Trude Kuh“ geben Deiner Geschichte eine professionelle Bühne, begleiten Dich redaktionell und produzieren Inhalte, die berühren und wirken; wenn auch Du Deine Arbeit zeigen, gesellschaftliche Themen stärken oder Deine Marke brillant platzieren willst, dann melde Dich bei uns – wir freuen uns auf Dich.