Gabriele Sassen und Angelika Leue-Post von Aortis Oldenburg zu Gast bei „Trude Kuh“

Wenn ein einziges Wort kippt, wird aus Bewunderung plötzlich Bedrohung. „Selten“ klingt nach kostbaren Gemälden, seltenen Momenten, wertvollen Metallen. Doch wenn ein Arzt sagt: „Sie haben eine seltene Krankheit“, bekommt das Wort eine brutale Schwere. Unsichtbar, unberechenbar, lebensgefährlich – vor allem dann, wenn es die größte Lebensader des Körpers trifft: die Aorta. Genau darüber sprechen im „Trude Kuh“ TV-Studio Redaktionsleiter Georg Mahn mit Gabriele Sassen, Gründerin der Aortis-Gruppe Oldenburg, und Angelika Leue-Post, die einen Aortenriss überlebt hat und heute offen über ihr neues Leben mit den Folgen dieser Erkrankung berichtet.

Wenn die körpereigene Autobahn plötzlich bremst

Die Aorta ist die Hauptschlagader des Menschen, eine Art innerer Highway, der das sauerstoffreiche Blut vom Herzen in den gesamten Körper transportiert. Von dieser Hauptstraße zweigen unzählige Nebenstraßen ab – die kleineren Arterien, die Organe und Gewebe versorgen. Wenn diese Lebensader erkrankt, ist im Körper Hochrisikozone. Aortenerkrankungen im Brustbereich gehören zu den stillen Gefahren: Aneurysmen, Dissektionen, ein plötzlicher Riss – vieles passiert im Verborgenen, bis es dramatisch ernst wird.

Angelika Leue-Post erlebt genau das an einem scheinbar perfekten Sommertag. Es ist warm, die Pferdeweide wartet, Freunde kommen zum Grillen – alles fühlt sich nach Alltag und Lebensfreude an. Ein wenig Schwindel schiebt sie auf die Hitze und das Training bei den Pferden. Doch als sie nach einer Pause wieder aufstehen will, spürt sie ihre Beine nicht mehr. Ein Moment, der ihr Leben teilt in „vorher“ und „nachher“.

Ihre Tochter, medizinische Fachangestellte, misst Blutdruck, erkennt sofort die Dramatik und ruft den Rettungsdienst. Angelika selbst hält das zunächst für übertrieben, fühlt sich zwischen „gleich geht’s wieder“ und völliger Ahnungslosigkeit. Ab dem Moment im Krankenwagen verschwimmt vieles, sie kennt die Abläufe nur noch aus Erzählungen. Die Diagnose: Aortenriss. Es folgt eine etwa neun Stunden dauernde Operation an der Herz-Lungen-Maschine, künstliches Koma, kontrollierte Absenkung der Körpertemperatur – Hightech-Medizin, um eine einzige, aber zentrale Leitung im Körper zu retten.

Als Angelika aufwacht, ist nichts mehr wie vorher. Sie kann nicht sprechen, nicht sehen, sich nicht bewegen, nicht laufen. Millimeter für Millimeter kämpft sie sich zurück ins Leben. Ein Zimmer saugen – für viele ein Handgriff. Für sie inzwischen eine Höchstleistung, nach der keine Kraft mehr für weiteres Putzen bleibt. Dazu kommen Folgeprobleme, ein kleiner Schlaganfall, körperliche Grenzen und eine enorme seelische Last. Der Körper ist geschwächt, der Kopf dagegen hellwach – manchmal beinahe zu wach, wie sie sagt. Gedanken, Ängste, Grübeleien: Wie lebt man weiter, wenn das Leben auf so schmerzvolle Weise eingebremst wurde?

Zwischen Diagnose-Schock und Dauerangst: Aneurysma im Alltag

Bei Gabriele Sassen ist der Verlauf anders – aber nicht minder belastend. 2018 wird bei ihr in einer Reha ein Aortenaneurysma festgestellt. Der Tag beginnt normal, die Reha ist eigentlich eine Chance, mit Sport wie Nordic Walking oder Aquafitness wieder richtig durchzustarten. Doch noch bevor es losgeht, verordnet der Arzt den radikalen Stopp: nur noch minimale Belastung, 50 Watt auf dem Trimmrad, alles andere gestrichen. Von jetzt auf gleich.

Zunächst weiß sie nicht einmal, was ein Aneurysma genau ist. Also macht sie das, was fast jeder tun würde: „Doktor Google“ befragen – und stolpert direkt in ein Horrorkabinett aus Schreckensszenarien. Die Folge: Panik, psychische Ausnahmesituation, ein Gefühl, mit 200 km/h von der Autobahn des Lebens heruntergerissen zu werden. Gabi, sonst Workaholic, aktiv, immer für alle da, ist plötzlich in einem Zustand, in dem nichts mehr so geht wie vorher.

Besonders bitter: Das Aneurysma war bereits 2015 in einem Arztbrief dokumentiert worden, ohne dass ihr die Diagnose mitgeteilt wurde. Drei Jahre lebt sie hochaktiv, geht unter anderem Bergsteigen – ohne zu wissen, in welcher Lebensgefahr sie sich dabei befindet. Als sie 2018 endlich Bescheid weiß, wird sie aus Angst und Vorsicht komplett auf Null heruntergefahren. Der Körper verliert Fitness, die Kondition sinkt, das Gewicht steigt, jede geplante Operation erscheint gleichzeitig notwendig und risikoreicher.

In ihrem Umfeld stößt Gabi auf Unverständnis, naheliegende Vergleiche („Bombe im Körper“) oder dramatisierende Aussagen. Sie selbst ringt mit Zukunftsängsten, mit Sätzen wie „Wenn ich nicht mehr da bin…“ – Hilfeschreie, die von außen oft nur schwer einzuordnen sind. Denn wer kein Aneurysma hat, kennt diese spezielle Mischung aus Unsicherheit, Angst und permanenter Selbstbeobachtung in der Regel nicht.

Flugreisen sind gestrichen, schweres Tragen tabu, der Blutdruck muss streng unter 120 bleiben. Jede kleinste körperliche Wahrnehmung wird innerlich analysiert: Ist das nur ein Muskel oder ein ernstes Zeichen? Mit der Zeit lernt sie, vieles einzuordnen – doch der Kopf arbeitet ständig. Man lebt mit der Gewissheit, dass im Grunde jederzeit etwas passieren könnte, während man gleichzeitig versucht, nicht in dieser Angst zu versinken.

Warum Aortis so wichtig ist: Austausch, Wissen, Halt

Beiden wird irgendwann klar: Sie brauchen mehr als Einzelgespräche mit Ärzten und verständnisvolle Blicke der Familie. Sie brauchen Menschen, die das gleiche Schicksal teilen. Gabi findet über Facebook den Kontakt zu Aortis, einer Selbsthilfegruppe, die 2014 in Hannover gegründet wurde. In der Medizinischen Hochschule Hannover lernt sie nicht nur den Herzchirurgen kennen, der sie berät, sondern trifft im Keller der Klinik auf die Aortis-Gruppe rund um Initiatorin Regina.

Ein Raum, eine Gruppe Betroffener, eine gemeinsame Sprache ohne viele Erklärungen – für Gabi ein Befreiungsmoment. Endlich nicht mehr „die mit der Bombe im Körper“, sondern eine von vielen, die wissen, wie sich Zukunftsangst, Verzicht und ständige Kontrolle anfühlen. In der Gruppe spürt sie, wie heilsam es ist, verstanden zu werden. Aus dieser Erfahrung heraus übernimmt sie später Verantwortung und baut, gemeinsam mit dem inzwischen in Oldenburg tätigen Chefchirurgen Dr. Martens und anderen Engagierten, die Aortis-Gruppe Oldenburg mit auf.

Die Gruppe trifft sich in einer Apothekenvilla in Westerstede, die den Raum kostenlos zur Verfügung stellt. Menschen aus Friesland, Emden, Schortens, Hude, aus dem Raum Scheps, aus dem Umland – sie alle kommen sternförmig zusammen, um zu sprechen, zuzuhören, schweigen zu dürfen, wenn Worte fehlen, und sich gegenseitig Ideen und Tipps zu geben. Nicht jeden Tag, aber regelmäßig, etwa alle zwei Monate am ersten Dienstag, je nach Verfügbarkeit des Raums.

Auch Angelika findet dort ihren Platz. Für sie ist es entlastend, ihre Sorgen nicht ständig auf die Schultern der Familie laden zu müssen. Denn Zuhause ist die Angst oft treuer Begleiter als der Schlaf. In der Gruppe reichen manchmal wenige Sätze, ein Blick, ein Kopfnicken – das Gegenüber versteht die Art von Angst, die andere zwar ernst nehmen möchten, aber emotional gar nicht vollständig nachempfinden können. Und auch schwierige Gedanken haben Raum: Dass es Momente gab, in denen sie sich fragte, ob es nicht leichter gewesen wäre, nicht zu überleben, als mit einem so eingeschränkten Leben zurechtkommen zu müssen. In einem geschützten Rahmen diese Sätze aussprechen zu dürfen, kann ein wichtiger Schritt sein, um am Ende doch zu sagen: Ich will leben – aber ich brauche Hilfe, um dieses neue Leben zu akzeptieren.

Neben dem emotionalen Rückhalt spielt auch die Vernetzung eine große Rolle. Wer sind die richtigen Ansprechpartner? Wo gibt es spezialisierte Zentren? Welche therapeutischen Angebote helfen? Aortis vermittelt Erfahrungen, zeigt Wege auf, macht Mut, medizinische und therapeutische Hilfe aktiv einzufordern. Gleichzeitig setzt sich die Gruppe gemeinsam mit Ärzten dafür ein, dass Rettungskräfte und Notärzte sensibler werden für die Symptome einer Aortendissektion. Denn jede Minute zählt, wenn im Körper die Hauptschlagader in Gefahr ist.

Ein sichtbares Zeichen dieser Zusammenarbeit ist der Oldenburger Patiententag zur Aortenchirurgie im Klinikum. Aortis Oldenburg ist dort mit einem eigenen Stand vertreten, informiert, hört zu, zeigt Gesicht für eine seltene, aber existenzielle Erkrankung. Gabi wünscht sich, dass die Gruppe weiter wächst und perspektivisch auch im Cloppenburger Raum regelmäßige Treffen möglich werden, damit Betroffene nicht weite Wege auf sich nehmen müssen. Ihr Ziel: Niemand soll sich mit dieser Diagnose allein fühlen.

Deine Einladung ins TV-Studio von „Trude Kuh“ und zu mehr Sichtbarkeit

Wir von „Trude Kuh“ wissen nach Gesprächen wie diesem noch einmal mehr, wie viel Kraft, Mut und Organisation hinter einer Selbsthilfegruppe wie Aortis Oldenburg steckt. Wenn Du beim Zuschauen vielleicht gedacht hast: „Genau so fühle ich mich auch“ oder „Unser Verein macht ebenfalls wichtige Arbeit, aber kaum jemand weiß davon“, dann möchten wir Dich ermutigen, den nächsten Schritt zu gehen. Auf unserer Seite „Trude Kuh“ zeigen wir, wie vielfältig die Themen sind, die wir in unseren Sendungen aufgreifen, und wie sehr wir es lieben, engagierte Menschen und Initiativen vorzustellen, die anderen Halt und Orientierung geben. Im TV-Studio von „Trude Kuh“ kannst Du mit Deinem Verein oder Deiner Organisation genau diese Bühne nutzen, um zu erzählen, was Euch bewegt, welche Herausforderungen Ihr meistert und wie Ihr anderen helft – ganz so, wie es Aortis in Oldenburg und Hannover für Menschen mit Aortenerkrankungen tut. Wenn Du Deinen Verein im Interview vorstellen möchtest, unterstützen wir Dich dabei, Deine Geschichte verständlich, nahbar und wertschätzend in Szene zu setzen, damit Betroffene, Angehörige und Unterstützer Euch leichter finden. Gleichzeitig sind wir mit über 14,5 Millionen Kontakten im Monat ein starker Partner für Unternehmen, die seriös und aufmerksamkeitsstark werben wollen: In unseren Formaten, Umfeldern und Reichweiten stecken enorme Werbemöglichkeiten für Unternehmen, die ihre Botschaften zielgerichtet und glaubwürdig platzieren möchten. Wenn Du also einen Verein leitest, in einer engagierten Initiative aktiv bist oder als Unternehmer nach einem starken, glaubwürdigen Umfeld für Deine Werbung suchst, dann melde Dich bei uns – wir von „Trude Kuh“ geben Deiner Geschichte und Deinem Angebot im wahrsten Sinne des Wortes eine Bühne und freuen uns darauf, gemeinsam mit Dir Menschen zu erreichen, zu informieren und zu bewegen.